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HIV, Altern und Biomarker

März 30, 2022

Eine Übersichts arbeit von Berta Rodésa,c, Julen Cadiñanosa,b,c Andrés Esteban-Cantosa,c Javier Rodríguez-Centenoa,c and José Ramòn Arribas a,b,c

aHIV/AIDS and Infectious Diseases Research Group, Hospital Universitario La Paz Institute for Health Research, Madrid, Spain. bInfectious Diseases Unit, Department of Internal Medicine, Hospital Universitario La Paz, Madrid, Spain. cCIBER of Infectious Diseases (CIBER-INFECT), Madrid, Spain

Zusammenfassung1

Antiretrovirale Therapien (ART) ermöglichen heute Menschen, die mit HIV leben (PLWH) eine Lebenserwartung, die vergleichbar ist mit jener der Allgemeinbevölkerung. Daher nehmen chronische, altersbedingte Krankheiten bei PLWH allerdings zu. In diesem Review reflektieren Berta Rodés und Kollegen den momentane Wissensstand über Einfluss einer HIV-Infektion auf das Altern bei Menschen mit HIV. Ausserdem diskutieren sie die zur Verfügung stehenden und in der Praxis anwendbaren Biomarker, die den Alterungsprozess von Menschen mit HIV untersuchen können.

HIV Infektion und der Alterungsprozess1

Trotz gesteigerter Lebenserwartung durch ART zeigen PLWH im Vergleich zur HIV-negativen Bevölkerung eine anhaltende Entzündung und eine Dysregulation des Immunsystems, was sich negativ auf die Gesundheit und den Alterungsrozess auswirken kann. Ein Beispiel eines Merkmals einer HIV-Infektion, das mit dem allgemeinen Alterungsprozess einhergehend ist, ist die replikative Seneszenz von CD4 und CD8 T-Zellen, die durch eine Zunahme der Phänotypen CD57+, CD28 und CD27 charakterisiert ist. HIV an sich kann weiterhin auch eine direkte Auswirkung auf andere Mechanismen des Alterns haben, wie etwa den Verlust der Proteostase, mitochondriale Dysfunktion, Stammzellenerschöpfung oder epigenetische Veränderungen. Es sollte weiterhin bedacht werden, dass ART-bedingte Toxizität altersbedingte Krankheiten ebenfalls beeinflussen kann.

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Effekt von ART auf den Alterungsprozess1

Aktuelle antiretrovirale Medikamente gelten als deutlich weniger toxisch als noch in den Anfängen in den 1980er Jahre, erzeugen aber immer noch eine gewisse Toxizität in bestimmten Zelltypen, die möglicherweise zu neurokognitiven Störungen und kardiovaskulären Risiken beitragen. Die Mechanismen, durch die antiretrovirale Medikamente zur Alterung beitragen können, sind wahrscheinlich multifaktoriell, aber einige Toxizitäten sind für bestimmte Klassen von antiretroviralen Medikamenten gut beschrieben worden. TDF wird mit Knochen- und Nierentoxizitäten in Verbindung gebracht, ABC mit einem kardiovaskulären Risiko. Geboostete PIs verursachen metabolische Toxizitäten wie Insulinresistenz oder Dyslipidämie und führen zu Alterung in endothelialen Zellen der Arterien. INSTIs werden mit Gewichtszunahme und neuropsychiatrischen Symptomen in Verbindung gebracht. Obwohl der Gesamtnutzen der ART bei PLWH außer Zweifel steht, kann das Auftreten dieser arzneimittelbedingten Toxizitäten die Gesundheit, die Alterung und sogar das Überleben der PLWH beeinträchtigen. Ebenfalls zu bedenken sind die Interaktionen, die aufgrund der Zunahme von Begleiterkrankungen, auftauchen können und die kontrolliert werden müssen. Die Abwägung der positiven Auswirkungen auf die Kontrolle des Virus und das Immunsystem und der schädlichen Wirkung medikamentöser Toxizitäten ist von entscheidender Bedeutung für die Verhinderung einer vorzeitigen Alterung bei Menschen mit HIV.

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Biomarker1

Es besteht ein wachsendes Interesse an der Vorhersage von altersbedingten Krankheiten durch Biomarker bei PLWH. Um den Alterungsprozess zu studieren benötigt man Biomarker, die die interindividuelle Variabilität des biologischen Alters erfassen können und dies bevor diese klinisch relevant werden. Eine breite Palette von Biomarkern wurde vorgeschlagen (siehe Tabelle 1). Darunter sind blutbasierte Biomarker, die aufgrund ihrer Durchführbarkeit in klinischen Routineuntersuchungen am weitesten verbreitet sind.

TypBiomarkerAbgedeckte Merkmale der Zellalterung
Nukleinsäure basiertTelomer-Länge
Epigenetische Uhren (clocks)
Mitochondriale DNA
Telomer Abnutzung
Epigenetische Veränderungen
Mitochondriale Funktionsstörung
Protein-basiertApolipoprotein J/Clusterin (ApoJ/CLU)
Proteasom Untereinheit
Zelluläre Alterung (senescence)
Verlust der Proteostasis
Metabolismus basiertNAD/NADH ratio
Lipid-Veränderungen im Plasma
Plasma-Levels essenzieller AS
Mitochondriale Funktionsstörung
Deregulierter Nährstoffsensor
Deregulierter Nährstoffsensor
ImmunologischEntzündungsmarker (sCD14, sCD163, IL-6, hsCRP, D-dimer)
Zell Oberflächen Moleküle (CD28, CD96)
«Inflammageing»
 

Zelluläre Alterung (senescence)
IntegrativMARK-AGEEpigenetische Veränderungen, Mitochondriale Funktionsstörung, Deregulierter Nährstoffsensor, «Inflammageing»

Die Autoren schlussfolgern, dass die vielversprechendsten Biomarker epigenetische Uhren der zweiten Generation in Kombination mit integrativen Algorithmen sind.

Abkürzungen

ABC: Abacavir; ART: antiretrovirale Therapie; INSTI: Integrase Inhibitor; PI: Protease Inhibitor; PLWH: Menschen, die mit HIV leben; TDF: Tenofovir Disoproxil Fumarat.

Referenz
  1. Rodés B, Cadiñanos J, Esteban-Cantos A, Rodríguez-Centeno J, Arribas JR. Ageing with HIV: Challenges and biomarkers. EBioMedicine. 2022 Feb 25;77:103896. doi: 10.1016/j.ebiom.2022.103896.

Eine Kopie der Publikation kann unter dpoc.switzerland@msd.com angefordert werden.

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